Die natürliche (spontane) Geburt
Die Zeit der Schwangerschaft ist magisch. In Dir wächst ein kleiner Mensch heran und Dein Körper verändert sich mit jedem Tag. Nach vielen Monaten des Wartens ist es dann endlich so weit: Die Wehen setzen ein.
Manche Frauen bringen ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt und andere auf dem natürlichen Weg. Die Geburt ist eine ganz individuelle Erfahrung.
Was versteht man unter einer natürlichen Geburt?
Die natürliche Geburt wird auch spontane Geburt genannt. Unter „spontan“ versteht man allerdings nicht eine zeitlich überstürzte Geburt, sondern damit ist die Tatsache gemeint, dass der Geburtsprozess auf ganz natürlichem Weg und ohne Hilfsmittel einsetzt. Die Wehen beginnen in der Regel zwischen der 38. und 42. Schwangerschaftswoche.
Der weitere Geburtsverlauf einer natürlichen Geburt gestaltet sich ohne größere Probleme oder Auffälligkeiten. Das Baby wird vaginal und ohne Hilfsmittel (wie etwa mithilfe einer Geburtszange oder einer Saugglocke) geboren.
Dabei kann es zu kleineren Geburtsverletzungen, zum Beispiel am Damm oder der Scheide, kommen. In der Regel verläuft aber eine natürliche Geburt für die meisten Frauen und Neugeborenen ohne weitere Komplikationen.
Der natürlichen Geburt steht der Kaiserschnitt (Sectio) gegenüber. Erfolgt er vor oder bei Beginn der Eröffnungswehen, spricht man von einer primären Sectio. Eine sekundäre Sectio nennt man eine Bauchgeburt, die nach den Eröffnungswehen vorgenommen wird. Dabei werden der Bauchraum und der Uterus unter Narkose durch einen Schnitt geöffnet und das Kind herausgehoben. Sollte bei einer vorangegangenen Geburt ein Kaiserschnitt gemacht worden sein, kann dem dennoch oft eine natürliche Geburt folgen. Lies in diesem Artikel alles zu VBAC, die natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt.
Der Ablauf einer natürlichen Geburt
Während der natürlichen Geburt weitet sich der Muttermund durch regelmäßige Wehen von null auf ca. zehn Zentimeter. Erst dann kann das Baby vollständig durch den Geburtskanal gleiten und schlussendlich geboren werden.
Die Geburt lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen.
Die Latenzphase
Der Beginn der Wehen kann in zwei Zeitabschnitte eingeteilt werden: die Latenzphase und die aktive Eröffnungsphase. Die Latenzphase beschreibt die Zeit, in der die Geburtswehen zum ersten Mal einsetzen. Die Wehen sind das eindeutige Zeichen, dass es losgeht. Sie kommen und gehen durchschnittlich alle zehn Minuten. Eine Wehe dauert zwischen 30 und 60 Sekunden. Sie bewirkt, dass sich der Muttermund öffnet und das Kind tiefer ins Becken rutscht. Das Baby muss sich bis zur endgültigen Geburt noch so einige Male drehen und wenden und sich so seinen Weg nach draußen erkämpfen. Diese Phase empfindet jede Frau unterschiedlich intensiv und auch die Länge variiert von Geburt zu Geburt. Die Latenzphase verbringen viele Frauen zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung.
Die aktive Eröffnungsphase
Die aktive Eröffnungsphase beginnt meist nach weiteren acht bis 12 Stunden. Jetzt hat sich der Muttermund bereits um ca. 3 bis 5 Zentimeter geöffnet. Der Muttermund weitet sich in der Eröffnungsphase ungefähr um einen Zentimeter pro Stunde. Die Geburt ist jedoch eine ganz individuelle Angelegenheit und diese Faustregel trifft sicherlich nicht auf alle Gebärenden zu. Viele Frauen machen sich vor dem Beginn der aktiven Phase auf den Weg ins Krankenhaus. Dort angekommen, werden folgende Dinge erledigt:
Erfragung von medizinisch relevanten Informationen (Anamnese)
allgemeine und gynäkologische Untersuchung
ggf. Messung von Blutdruck, Temperatur und Puls
ggf. Blutentnahme
ggf. Abgleich des Geburtsplanes mit den momentanen Bedürfnissen
Im Gegensatz zu dem, was man oft in Filmen sieht, kommt es meist erst während der aktiven Eröffnungsphase zum Blasensprung. Danach werden die Wehen kräftiger. Es kann aber durchaus passieren, dass das Fruchtwasser bereits vor den ersten Wehen abgeht. Selten platzt die Fruchtblase erst während der Austreibungsphase. In der Regel wird eine Hebamme während der Eröffnungsphase im Zweistundentakt eine vaginale Untersuchung durchführen und wahrscheinlich ein CTG machen. Nur so kann sie den Geburtsverlauf beurteilen und abschätzen, ob alles im üblichen Rahmen verläuft. Die Geburtshebamme sollte die Gebärende immer in alle anstehenden Entscheidungen mit einbeziehen, damit sie eine selbstbestimmte Geburt erleben kann. Falls auch Du eine natürliche Geburt planst, versuche mit Deiner Hebamme ein kurzes Gespräch zu führen, was Du von ihr erwartest und lass sie im Geburtsprozess immer wieder wissen, was Du benötigst.
Die Austreibungsphase
In der Austreibungsphase nehmen die Wehen noch einmal an Fahrt auf und der Muttermund öffnet sich vollständig. Diese Phase dauert durchschnittlich zwischen 20 und 50 Minuten und die Wehen kommen alle vier bis zehn Minuten. Am Ende der Geburt steigt der Druck nach unten Richtung Damm und die Wehen folgen rasch aufeinander. Die Frau hat wahrscheinlich das Gefühl, pressen zu wollen und darf dies nun auch ganz aktiv tun. Mit ihrer aktiven Hilfe schiebt sich das Kind jetzt aus dem Geburtskanal. In der Austreibungsphase wird die Dammregion besonders strapaziert. Um den Damm vor Verletzungen zu schützen, wird die Hebamme während des Austrittes des Köpfchens bestenfalls einen Dammschutz durchführen. Aber nicht immer lassen sich ein Dammriss oder andere Verletzungen dadurch vermeiden. Ein Arzt / eine Ärztin und / oder eine Hebamme werden ständig zur Stelle sein und überwachen, dass alles planmäßig abläuft. Am Ende dieser recht kurzen Phase erblickt ein neuer Mensch das Licht der Welt.
Die Nachgeburtsphase
Die offiziell letzte Phase der natürlichen Geburt beginnt nach der eigentlichen Entbindung des Kindes und endet mit dem Abklemmen oder Abtrennen der Nabelschnur und der Geburt der Plazenta. Auch nachdem das Kind geboren wurde, treten in der Regel noch leichte Wehen auf. Sie bewirken, dass sich die Plazenta löst und ebenfalls geboren werden kann. Dies geschieht meist 10-15 Minuten nach der Geburt Deines Babys. Die Ausstoßung der Plazenta erfolgt meistens durch eine nochmalige, kräftige Kontraktion. Anschließend wird sie begutachtet, um festzustellen, ob sich das Gewebe komplett gelöst hat. Die Frau und das Baby werden nach der Geburt untersucht und mögliche Geburtsverletzungen werden versorgt. Noch während des Wochenbettes (Regenerationsphase nach der Geburt) kann es vor allem bei Mehrgebärenden zu Kontraktionen kommen, den s.g. Nachwehen. Sie sind wichtig, um den Wochenfluss zu gewährleisten und die Rückbildung des Uterus voranzutreiben.
Alternative Möglichkeiten der Schmerzlinderung
Es liegt in der Natur der Sache, dass eine natürliche Geburt mit Schmerzen verbunden ist. Wie so oft der Fall, ist auch das Schmerzempfinden und der Umgang mit Schmerz ganz individuell und von außen nur schwer zu beurteilen.
Jede Frau sollte ihre Hebamme wissen lassen, falls sie schmerzlindernde Maßnahmen wünscht. Hier gibt es einige Möglichkeiten:
Akupressur: Bei der Akupressur werden bestimmte Punkte nach einem vorgegebenen Muster durch Druck stimuliert. Dies soll den Schmerz lindern und Angst lösen.
Aromatherapie: Ätherische Öle (wie Lavendel, Weihrauch oder Rose) werden in verdünnter Form einem Bad zugegeben, in eine Duftlampe geträufelt oder kommen bei einer Massage oder Kompresse zum Einsatz. Eine schmerzlindernde Wirkung ist wissenschaftlich jedoch nicht erwiesen.
Rescue-Tropfen: Eine bestimmte Zusammensetzung verschiedener Bach-Blüten werden in Stress- und Angstsituationen empfohlen. Diese sogenannten Notfalltropfen könnten auch bei der natürlichen Geburt zur Anwendung kommen.
Warmes Bad: Viele Frauen empfinden ein warmes Bad in der Eröffnungsphase als schmerzlindernd und entspannend. Manche entscheiden sich sogar aus diesem Grund für eine Wassergeburt.
Pausen nutzen: Eine Wehe hat nur eine Länge von bis zu 60 Sekunden. Ist diese vorbei, hat die Frau wahrscheinlich keine Schmerzen und sie kann sich erholen. Es lohnt sich, sich mehr auf die Pausen als auf die Wehen zu konzentrieren und diese zur Entspannung oder zum Essen bzw. Trinken zu nutzen.
Angst bekämpfen: Angst verkrampft die Muskeln und der Geburtsschmerz wird oft als schlimmer empfunden. Es ist also ratsam, zu versuchen diese Angst zu bekämpfen und den Geburtsschmerz als gegeben und vorübergehend hinzunehmen.
Entspannungsübungen: Übungen zur Entspannung können die Schmerzen der natürlichen Geburt reduzieren. Damit sollte am besten schon in der Schwangerschaft begonnen werden.
Während der natürlichen Geburt schüttet der Körper Endorphine aus, die im Zusammenspiel mit schmerzlindernden Techniken (z. B. Atmung, Massagen etc.) dafür sorgen, dass der Geburtsschmerz nur selten ein unerträgliches Maß erreicht.
Vorteile einer natürlichen Geburt
Im Gegensatz zu einem Kaiserschnitt kann die natürliche Geburt z. B. folgende Vorteile bieten:
Selbstbestimmte Geburt: Ob in der Klinik, zu Hause oder im Geburtshaus: Eine natürliche Geburt eröffnet die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wie das Kind zur Welt kommen soll. Die Frau kann ausprobieren, was ihr guttut und ihrem Instinkt folgen. Voraussetzung dafür ist es natürlich, dass es während des Geburtsprozesses nicht zu Komplikationen kommt.
Mutter-Kind-Bindung: Der Druck des Kindes auf den Muttermund während des Geburtsvorgangs bewirkt die Ausschüttung eines bestimmten Hormons (Oxytocin; auch Bindungshormon genannt), welches nach der Geburt nicht sofort wieder abgebaut wird. Es kann das Bonding zwischen Mutter und Kind fördern.
Schnellere Regeneration nach der Geburt: Beim Kaiserschnitt bleibt eine Narbe zurück, die anfangs sehr empfindlich ist und viel Aufmerksamkeit fordert. Kaiserschnitt-Mütter sind im Gegensatz zu Frauen, die ihr Kind auf natürlichem Weg entbunden haben, erst nach ca. 21 Tagen wieder etwas belastungsfähiger.
„Training“ für das Kind: Die mechanischen Reize, denen das Kind während des natürlichen Geburtsprozesses ausgesetzt ist, können lebenswichtige Reifungsprozesse fördern: Das Nervensystem wird aktiviert und die eigenständige Atmung wird angeregt. Kinder, die auf natürlichem Weg geboren werden, haben in der Regel seltener Anpassungsprobleme an ihre neue Umgebung.
Guter Start in die Stillzeit: Wird ein Kaiserschnitt ohne natürlichen Geburtsbeginn durchgeführt, kann das Risiko steigen, dass der Körper zu wenig Oxytocin ausschüttet. Dieses Hormon regt die Bildung der Muttermilch an und ist für eine erfolgreiche Stillbeziehung zwischen Mutter und Kind hilfreich.
Bei allen Vorteilen einer natürlichen Geburt muss auch dazu gesagt werden, dass es natürlich Situationen gibt, die einen Kaiserschnitt nötig machen. Und das ist dann auch gut so, denn schließlich geht es bei der Geburt darum, dass am Ende ein gesundes Kind in den Armen der Eltern liegt und es allen gut geht.
Wann kommt eine natürliche Geburt nicht infrage?
Manchmal lässt ein komplizierter Geburtsverlauf keine natürliche vaginale Geburt mehr zu und in einigen Fällen kann sie schon während der Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Gründe, die gegen eine natürliche Geburt sprechen, könnten sein:
seltenes absolutes Missverhältnis zwischen mütterlichem Becken und kindlichem Kopf
ungünstige Position der Nabelschnur
Placenta praevia (Fehllage des Mutterkuchens)
Lageanomalie des Kindes (z. B. Quer- und Schräglagen)
anhaltender Geburtsstillstand
Anomalien beim Kind (z. B. ungewöhnlich hohes Geburtsgewicht)
ggf. eine Frühgeburt
Mehrlingsschwangerschaft (drei oder mehr Kinder)
Fehlbildung oder ggf. bei vorangegangenen Operationen des Uterus
Auch wenn sich die Frau eine natürliche Geburt gewünscht hat, könnte es passieren, dass der Arzt / die Ärztin zu einem Kaiserschnitt rät. Dies geschieht nur zum Vor- und nicht zum Nachteil der Gebärenden, denn es ist wichtig, dass jedes Risiko für die Frau und das Kind ausgeschlossen wird.
Vorbereitung auf die natürliche Geburt
Da jede Geburt anders verläuft, kann der große Tag nicht bis ins Detail geplant werden. Dennoch gibt es ein paar Dinge, die man zur Vorbereitung tun kann:
Geburtsort: Im Vorfeld sollte man sich überlegen, wo das Kind zur Welt kommen soll. Die meisten Krankenhäuser haben eine Geburtsstation und bieten Informationsnachmittage an, an denen man einen Einblick über die Abläufe dort bekommt und die Räumlichkeiten besichtigen kann. Dies gilt auch für Geburtshäuser, die nur auf Geburten spezialisiert sind und von Hebammen geführt werden. Eine rechtzeitige Anmeldung dort ist erforderlich. Selbstverständlich kann man auch über eine Hausgeburt nachdenken und dies mit dem Arzt / der Ärztin und der Hebamme planen.
Geburtsvorbereitungskurs: In einem Geburtsvorbereitungskurs erfahren werdende Eltern alles zur Geburt und der Zeit des Wochenbettes. Dieser Kurs kann auch zusammen mit dem / der Partner:in besucht werden. Hier bietet sich außerdem die Gelegenheit mit anderen schwangeren Frauen in Kontakt zu treten und sich auszutauschen.
Geburtsplan: In einem Geburtsplan können Wünsche für die natürliche Geburt festgehalten werden. Diesen kann man entweder zusammen mit der Hebamme erstellen oder ganz in Ruhe zu Hause vorbereiten und dann zur Geburt mitbringen und besprechen.
Akupunktur & Co.: Es gibt verschiedene Methoden, denen nachgesagt wird, dass sie die Geburt erleichtern: Akupunktur, Hypnobirthing, Yoga, Himbeerblättertee etc. Man sollte sich hier von einer Hebamme beraten lassen.
Zu Hause: Zu Hause sollte alles auf die Ankunft des Babys vorbereitet werden. Im ersten Jahr brauchen die Kleinen zwar nicht besonders viel, aber gerade beim ersten Kind stehen doch so einige Anschaffungen an. Eine Checkliste ist hier hilfreich.
Was immer man sich zur Vorbereitung auf die natürliche Geburt vornimmt: Es muss Spaß machen und darf nicht in Stress ausarten. Das beste Rezept für eine selbstbestimmte Geburt ist es, der Situation so entspannt wie möglich zu begegnen und alles anzunehmen, was da kommen mag.
FAKTEN IM ÜBERBLICK
Die natürliche Geburt wird auch spontane Geburt genannt. Dabei setzen die Wehen von ganz alleine ein und der Geburtsprozess wird ohne medizinische Intervention abgeschlossen.
Natürlich gebären heißt für viele Frauen, eine selbstbestimmte Geburt ohne unerwünschte Fremdeinwirkung zu erleben. Allerdings sollte man immer mit dem Unvorhersehbaren rechnen und nicht enttäuscht sein, wenn die Geburt nicht genauso abläuft, wie man es sich vorher ausgemalt hat.
Alle Inhalte aus in diesem Artikel basieren auf vertrauenswürdigen fachspezifischen und öffentlichen Quellen. Eine ausführliche Liste aller verwendeten Quellen findest Du im Anschluss an diesen Artikel. Die hier aufgeführten Ratschläge und Informationen ersetzen keinesfalls die medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Konsultiere für eine professionelle Diagnose und Behandlung immer Deinen Arzt / Deine Ärztin.
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